

Samsung Odyssey 3D im Test: Die dritte Dimension bleibt ein Gimmick

Samsungs neuer Monitor erzeugt die Illusion von Tiefe, ohne dass du dafür eine 3D-Brille tragen musst. Coole Sache. Leider überwiegen die Nachteile den Nutzen.
3D ist eines dieser Features, die regelmässig auftauchen und dann wieder in der Versenkung verschwinden. Um 2010 herum sprangen etwa alle grossen Hersteller auf den Zug der 3D-TVs auf. Doch nach einem kurzen Hype brach die Nachfrage wieder ein. Einer der Gründe: Für den Effekt waren spezielle Brillen nötig, die niemand tragen wollte.
Nun startet Samsung mit dem Odyssey 3D einen neuen Versuch im Gaming-Bereich – ohne Brille. Der 27-Zoll-Monitor kann mittels Lentikularlinsen zwei unterschiedliche Bilder für das linke und rechte Auge darstellen. Per Eyetracking passt er sie in Echtzeit auf deine Kopfposition an. Das funktioniert tatsächlich und ist technisch beeindruckend. Trotzdem würde ich von einem Kauf abraten.

Das 3D-Feature muss es richten
Als Grundlage für den Odyssey 3D nutzt Samsung ein 27 Zoll grosses IPS-Panel mit 4K-Auflösung. Dessen Bildqualität im normalen 2D-Modus geht in Ordnung, ist aber angesichts des hohen Preises nichts Besonderes. Für so viel Geld könntest du dir auch einen sehr guten OLED kaufen, der in fast allen Belangen besser wäre. Ein vergleichbarer normaler IPS-Monitor kostet einen Bruchteil. Das ganze Wertversprechen des Geräts lastet also auf dem 3D-Feature.
Die Spezifikationen im Überblick:
- Typ: IPS-Panel, LED-Backlight ohne Local Dimming
- Format: 27 Zoll, 16:9
- Auflösung: 3840 × 2160 Pixel, 163 ppi Pixeldichte
- Helligkeit: 350 Nits
- Bildfrequenz: 165 Hertz
- Reaktionszeit: 1 ms Grau zu Grau
- Farbraumabdeckung: 99 % sRGB
Das Gehäuse ist in silbernem Kunststoff gehalten. Verarbeitung und Stabilität könnten besser sein, das ist bei dieser Monitorgrösse aber kein grosses Problem. Etwas anderes hingegen schon: Mein Testexemplar leidet an Spuhlenfiepen (Coil Whine) – und zwar nicht am Netzteil sondern im Monitor selbst. Je nach Bildinhalt ist es unterschiedlich laut.
Eher zu leise sind die eingebauten Lautsprecher. Sie würde ich wegen des fehlenden Bass nur im Notfall verwenden. Wobei ich fairerweise auch schon viel schlechtere gehört habe. Anschlüsse gibt es zweimal HDMI 2.1, einmal DisplayPort 1.4 und zweimal USB-A. Anders als bei anderen Monitoren musst du hier den USB-Uplink zwingend verbinden. Denn darüber läuft auch die Datenübertragung des Eyetrackings.

Seine 3D-Technologie nennt Samsung «Light Field Display» (LFD). Sie funktioniert nach dem gleichen Prinzip der Stereoskopie wie bei anderen Herstellern – etwa Acers «Spatial Labs»: Kameras filmen die Person vor dem Monitor, der damit in Echtzeit die Position der Augen trackt.
Die Software berechnet zwei verschiedene Bilder für den spezifischen Augenabstand. Durch die Lentikularlinsen sieht mein linkes Auge ein anderes Bild als mein rechtes – und mein Hirn setzt das Ganze zu einer räumlichen Wahrnehmung zusammen. Weil der Monitor zwei Bilder gleichzeitig darstellt, halbiert sich im 3D-Modus die Auflösung von 3840 × 2160 auf 1920 × 2160.
Auf Begeisterung folgt Ernüchterung
Der 3D-Effekt ohne Brille sorgt Anfangs für einen Wow-Effekt. Die Darstellung von optimierten Inhalten sieht auf den ersten Blick gut aus. Mein Charakter im Game «The First Berserker: Khazan» bewegt sich im Vordergrund, während die Spielwelt nach hinten in die Tiefe geht. In 3D-Filmen fliegen mir Objekte um die Ohren, das kenne ich noch aus dem 3D-Kino.

Respekt gebührt Samsung dafür, dass das alles sehr unkompliziert funktioniert. Die Software «Odyssey 3D Hub» erkennt 3D-fähige Inhalte und fungiert auch gleich als Launcher für kompatible Games. Abgesehen von der Installation des Tools sind keine weiteren Schritte nötig. Ich muss den Monitor weder auf meine Augen kalibrieren, noch in einer bestimmten Position sitzen. Solange nicht die Präsenz mehrerer Personen das Eyetracking verwirrt, funktioniert es zuverlässig.
Doch meine anfängliche Begeisterung schrumpft, je länger ich den Odyssey 3D benutze. Die dreidimensionale Darstellung verschluckt sich an Details: Schriften und Menüs haben in vielen Fällen einen Schlagschatten, was schrecklich aussieht. Display-Spiegelungen aus der realen Welt brechen zudem die 3D-Illusion und wirken extrem irritierend. Da das IPS-Panel zusammen mit der verspiegelten Oberfläche relativ anfällig für Reflexionen ist, muss ich mein Zimmer stark abdunkeln.

Auch die 3D-Berechnung selbst ist nicht über jeden Zweifel erhaben. Teilweise kann mein Hirn nicht einordnen, ob sich ein Objekt hinter oder vor einer anderen Ebene befindet. Besonders schlimm ist das in Szenen mit schnellen Bewegungen. Als im Film «Gravity» die Raumstation von Weltraumschrott getroffen wird, muss ich vor lauter Verwirrung die Augen schliessen. Überhaupt kann ich maximal eine Stunde im 3D-Modus verbringen. Danach wird mir entweder schlecht oder ich bekomme Kopfweh.
Der Grund wird mir klar, als ich das Bild im Game «Stray» näher analysiere: Links und rechts meiner Protagonisten-Katze sehe ich je eine durchsichtige Geisterversion von ihr. Dieser Effekt führt dazu, dass ich meine Augen ständig neu fokussieren muss. Es fühlt sich etwa so an, wie wenn du bei einem Bild von «Das magische Auge» nie ganz den richtigen Fokus erwischst. Text-Overlays befinden sich zudem auf einer anderen räumlichen Ebene als die Spielfigur. In solchen Momenten sehe ich entweder meine Katze oder die Schrift doppelt.

Samsungs Vorzeige-Spiel «The First Berserker: Khazan» scheint sauberer optimiert zu sein. Hier sehe ich weniger Geisterbilder – dennoch sind einige vorhanden. Genau wie bei allen anderen Inhalten, die ich ausprobieren konnte. Keine Ahnung, ob es sich dabei um eine Kinderkrankheit oder eine Limitation der Technologie handelt. Je nach Bildinhalt sind die Ghosting-Effekte mehr oder weniger auffällig. Insgesamt scheint mir das 3D-Feature aber schlicht zu wenig ausgereift, als dass ich es freiwillig benutzen würde.
Wenig Inhalte, Samsung hilft nach
Nur wenige Inhalte sind überhaupt in 3D verfügbar. Auf YouTube finden sich zwar Clips, aber diese sind dünn gesät und meist von minderer Qualität. Richtige Filme oder Serien bietet keiner der grossen Streamingdienste in 3D an. Du müsstest also Blu-Ray-Disks oder Rips aus der Blütezeit des 3D-Kinos ausgraben. Aber mal ehrlich: Wer macht sowas am Schreibtisch auf 27 Zoll?
Übrig bleiben kompatible Games. Davon gibt es zum Launch des Odyssey 3D drei, die in direkter Zusammenarbeit mit Samsung portiert wurden: «The First Berserker: Khazan», «Lies of P» und «Wuthering Waves». In Zukunft sollen weitere Titel hinzukommen, darunter «Stellar Blade» (Juli 2025), «Black Myth: Wukong» (August 2025) und «Cyberpunk 2077» (Januar 2026). Daneben unterstützt die 3D-Hub-Software auch andere Spiele, bei denen Samsung jedoch kein optimales Erlebnis verspricht. Letzteres würde ich etwa im Falle von «Stray» klar bestätigen.

Die Game-Entwickler von bekannten Titeln machen die 3D-Versionen wohl nicht aus eigenem Antrieb. Ich gehe davon aus, dass Samsung sie bezahlt – was ich gut finde. Wenn ein Hersteller schon 3D aus der Versenkung holt, braucht es solche Investitionen. Es wird sie jedoch nur als Starthilfe geben. Mittelfristig müsste die Technologie eine breite Masse erreichen, damit Studios ihre Spiele von sich aus optimieren. Ob das passiert? Ich bezweifle es stark.
Zusätzlich zu nativem 3D sollen KI-Algorithmen auch 2D-Inhalte umwandeln können. Das funktioniert allerdings nur mit einer Nvidia-Grafikkarte. Weil in meinem PC eine von AMD steckt, konnte ich dieses Feature nicht testen. Angesichts des ohnehin schon wackeligen Erlebnis mit richtigen 3D-Games sind meine Erwartungen aber eher tief.
Fazit
Höchstens was für absolute Enthusiasten
Grundsätzlich finde ich es schön, dass Samsung etwas Neues versucht. Der Odyssey 3D erzeugt tatsächlich die Illusion von Tiefe, ohne dass ich eine Spezialbrille tragen oder etwas konfigurieren muss. Auch die 3D-Hub-Software funktioniert nach dem Plug-and-play-Prinzip und sorgt für einen einfachen Einstieg. Rein technisch machen die Südkoreaner hier vieles richtig.
Doch der Monitor ist kein marktreifes Produkt. Erstens gibt es nur wenig Inhalte: Samsung investiert zwar in Zusammenarbeiten mit Game-Entwicklern. Doch nur sehr wenige Games sind bisher wirklich gut für den Odyssey 3D optimiert. Auch wenn es noch ein paar mehr werden, bleibt die Vielfalt so klein wie der Mehrwert des 3D-Effekts. Zweitens treten selbst in den Vorzeige-Games Bildartefakte auf. Das ist für die Augen enorm anstrengend und ich halte es nicht lange aus.
Hat man sich zudem einmal an den 3D-Effekt gewöhnt, ist er nichts Spezielles mehr. Dann fällt mir nur noch die reduzierte Bildqualität auf: suboptimale Schwarzwerte, halbierte Auflösung, nicht so tolle Reaktionszeit. Und im 2D-Modus ist der Odyssey 3D einfach ein mittelmässiger und viel zu teurer Gaming-Monitor. Ich kann deshalb von einem Kauf nur abraten.
Pro
- 3D-Effekt ohne Brille
- Plug and Play
- solide 2D-Bildqualität
Contra
- anstrengendes 3D-Erlebnis
- zu viele Bildartefakte
- 3D-Modus reduziert Bildqualität
- 3D-Inhalte sind rar
- als 2D-Monitor zu teuer



Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.