

Wie sicher sind Arlo-Kameras wirklich? Der grosse Reality-Check
Sicherheitskameras geben ein gutes Gefühl – bis man merkt, wie viel sie selbst über einen wissen. Ich habe vier Arlo-Modelle getestet und geschaut, was sie können, wo sie scheitern und worauf man sich beim Einsatz wirklich einlassen muss.
Überwachungskameras sollen Sicherheit bringen. Das ist die Idee – und sie funktioniert auch, zumindest technisch. Ich habe mir dafür ein paar Modelle von Arlo genauer angeschaut, die je nachdem für den Innen- oder Ausseneinsatz gedacht sind. Alle lassen sich schnell einrichten, filmen in hoher Auflösung und liefern im Alltag ein verlässliches Bild.

Die Hardware ist also tiptop. Daran gibt’s kaum etwas zu kritisieren. Trotzdem wäre es zu einfach, den Text hier enden zu lassen. Denn gute Kameras allein machen noch kein sicheres Zuhause. Entscheidend ist, wie sie eingebunden sind – über welche App sie gesteuert werden, welche Daten dabei fliessen und wie sehr man ihnen am Ende vertraut.
Darum geht es in diesem Ratgeber nicht nur um Technik, sondern auch um Haltung. Welche Kamera passt zu welchem Einsatz? Was gilt es zu beachten, bevor man sie einfach ins WLAN hängt? Und wie viel Sicherheit bleibt übrig, wenn das Gerät, das schützen soll, selbst ein Risiko darstellen kann?
Die Geräte
Arlo Essential Indoor Camera

Die Arlo Essential Indoor überwacht Innenräume in 2K-Auflösung. Besonders durchdacht: eine mechanische Objektivabdeckung, die sich automatisch schliesst, wenn die Kamera deaktiviert oder im «Zuhause»-Modus ist. Bewegungserkennung, Gegensprechfunktion und ein integrierter Alarm sind ebenfalls mit an Bord.
Top: 2K-Auflösung, 130° Sichtwinkel, Zwei-Weg-Audio, Nachtsicht
Flop: Kabelgebunden (Kabellänge: ca. zwei Meter)
Arlo Essential Pan-Tilt Indoor Camera
Die Pan-Tilt-Version der Arlo Essential Indoor kann alles, was das Basismodell auch kann – nur mit Bewegung. Dank motorisiertem Schwenk- und Neigemechanismus lässt sich der gesamte Raum abdecken, automatisch oder manuell per App. Ideal, wenn ein fixer Blickwinkel nicht reicht oder man Bewegungen aktiv verfolgen will. Zum Beispiel bei älteren Personen, die man beaufsichtigt, Haustieren oder Kindern. Ansonsten reicht auch das Basismodell.
Top: Wie oben, aber zusätzlich mit automatischer Schwenk- und Neigefunktion
Flop: Kabelgebunden (Kabellänge: ca. zwei Meter)
Arlo Essential Pan-Tilt Outdoor Camera
Die Arlo Essential 3 PTZ ist für den Aussenbereich gebaut und liefert dank 2K-Auflösung und motorisiertem Schwenk-, Neige- und Zoom-Mechanismus einen Rundumblick. Sie erkennt Personen, Fahrzeuge oder Pakete, reagiert mit Licht und Sirene und erlaubt Zwei-Wege-Audio. Das wetterfeste Gehäuse (IP65) sorgt für Dauerbetrieb – bei Sonne, Wind und Regen.
Top: Robust und mit automatischer Schwenk- und Neigefunktion
Flop: Kabelgebunden (Kabellänge: ca. drei Meter)
Arlo Essential 3 XL Outdoor Camera
Die Essential 3 XL ist die akkubetriebene Variante der Outdoor-Kamera und deshalb viel flexibler bei der Montage, weil kein Stromanschluss nötig ist. Ideal für Orte ohne Steckdose oder dort, wo Kabel stören würden. Auf die motorisierte Schwenk- und Neigefunktion verzichtet sie aus Energiespargründen, liefert aber dieselbe 2K-Qualität und smarte Bewegungserkennung wie die anderen Modelle. Der Akku hält je nach Nutzung mehrere Monate – im Bestfall bis zu einem Jahr, in belebten Umgebungen aber deutlich weniger.
Top: Robust und akkubetrieben
Flop: keine automatische Schwenk- und Neigefunktion
Die Arlo-App – Schaltzentrale und Stolperstein
Die Arlo Secure App ist das Herz des Arlo-Systems. Hier laufen alle Feeds zusammen, definiere ich Aktivitäts- oder Privatsphäre-Zonen, passe die Bewegungsempfindlichkeit an und lege fest, welche Ereignisse im Feed angezeigt werden sollen. Kurz: Alles, was die Kamera kann, steuere ich von hier aus.

Quelle: Arlo
Das Dashboard selbst ist aufgeräumt, und die Einrichtung der Kameras klappte problemlos: Gerät in der Nähe scannen, WLAN verbinden, fertig. Auch das Filtern nach Ereignissen – etwa ob die Kamera eine Person, ein Tier oder ein Paket erkennt – funktioniert im Feed recht gut.
Aber genau hier beginnt das Problem: Die Filter im Feed haben keine Auswirkung auf die Push-Benachrichtigungen fürs Handy. Wenn ich in der App etwa sage: «Zeig mir im Feed nur Personen an», bekomme ich trotzdem jedes einzelne Ereignis als Push aufs Handy – ob Katze, Auto oder Schattenwurf.
Insgesamt gibt es 23 mögliche solche Ereignistypen, und standardmässig werden sie alle gemeldet. Wer das ändern will, würde noch am ehesten unter dem Menüpunkt «Benachrichtigungen» nach individuellen Push-Nachrichten suchen. Dort kann ich allerdings nur ein- oder ausschalten, ob ich benachrichtigt werden will – nicht zum Beispiel Tiermeldungen ausschalten, Menschenmeldungen aber eingeschaltet lassen.
Dies finde ich erst, als ich mich tief durch die App klicke. Bis zur Abo-Verwaltung, genau gesagt. Jap, richtig gelesen. Abo-Verwaltung. Erst dort kann ich festlegen, welche Ereignisse tatsächlich eine Push-Meldung auslösen sollen. Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Für eine App, die den Anspruch hat, ein professionelles Sicherheitssystem zu steuern, ist das eine erstaunlich schlechte Nutzerführung.

Quelle: Arlo
Ebenfalls unlogisch: Die Einstellungen unterscheiden sich je nach Kamera. Bei der Indoor-Kamera kann ich einen «Zuhause»-Modus aktivieren – dann schliesst sich die Linse automatisch, und die Benachrichtigungen pausieren. Perfekt, wenn man selbst in der Wohnung ist. Die Outdoor-Kamera hingegen kennt diesen Modus nicht: Sie filmt weiter, meldet weiter und schickt mir fleissig Pushes, auch wenn ich schon längst daheim bin und selbst aus dem Fenster schauen kann.
Der nicht ganz so globale «Ich bin Zuhause»-Modus gilt also nur für Indoor-Kameras. Wer sich nicht von Outdoor-Kamera-Pushes ablenken lassen will, muss das dort pro Kamera manuell ganz abstellen oder eine temporäre Stummschaltung aktivieren. Was für ein Bruch, vor allem, wenn man mehrere Geräte nutzt.
Auch andere Funktionen wirken halbfertig. Zum Beispiel die Personenerkennung: Die App erlaubt es, erkannte Personen mit Namen zu hinterlegen. Eigentlich eine clevere Idee. Nur: Einen praktischen Nutzen hat das kaum. Selbst bei bekannten Gesichtern – also bei mir selbst oder meiner Freundin – alarmiert mich die App. Es gibt keine Option, bestimmte Personen von den Benachrichtigungen auszunehmen. Warum soll ich sie dann überhaupt benennen? Keine Ahnung.

Quelle: Arlo
Unterm Strich funktioniert die App in den Grundlagen gut: Installation, Live-Streams, Zwei-Wege-Audio – alles da, alles solide. Aber vieles, was den Alltag erleichtern würde, ist über mehrere Untermenüs verteilt oder schlicht nicht vorhanden. Das wirkt, als hätte Arlo im Laufe der Jahre Schicht um Schicht an Features drübergelegt, ohne das Grundgerüst neu zu denken.
Und dann ist da noch das Thema Geld: Wer den vollen Funktionsumfang nutzen will, braucht ein Arlo Secure-Abo. Das kostet 20.99 Franken im Monat oder 209.90 Franken im Jahr. Für ein System, das ohnehin nicht ganz intuitiv ist, ist das happig. Natürlich: Cloud-Speicher, KI-Analyse und Serverbetrieb kosten Geld. Aber bei diesem Preis darf man erwarten, dass die App nicht wie ein halbfertiges Puzzle wirkt.
Der Eindruck bleibt: Die Arlo-App kann viel, aber sie will zu viel. Sie ist stabil und leistungsfähig, aber überladen, unlogisch verschachtelt und inkonsistent. Wer nur eine Kamera nutzt, kommt klar. Wer mehrere kombiniert, braucht Geduld – und starke Nerven.
«Sicherheit», die durchs WLAN kommt
Lass uns jetzt über den Elefanten im Raum sprechen: Wie sicher ist eigentlich eine Sicherheitskamera, die permanent mit dem Internet verbunden ist?

Das klingt banal, ist aber die entscheidende Schwachstelle fast aller Smart-Cams. Denn sie sind keine isolierten Geräte, sondern Teil deines Heimnetzwerks. Sie funken übers WLAN, greifen auf Server zu, speichern Daten in der Cloud des Anbieters und melden sich bei Apps an, die wiederum deinen Standort kennen wollen. Kurz: Sie sind Mini-Computer – und damit potenzielle Einfallstore.
Natürlich, Arlo (wie auch andere Anbieter) betont, dass alles verschlüsselt sei. Dass keine Fremden Zugriff hätten. Und dass KI statt Menschen die Videos analysiere. Das mag im Prinzip stimmen. Direkte Angriffe auf eine Kamera über das Internet sind technisch schwierig – meist läuft der Zugriff gar nicht direkt auf das Gerät, sondern über verschlüsselte Serververbindungen des Herstellers. Trotzdem: 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht. Schon gar nicht, wenn ein Gerät dauerhaft online ist.

Die grössere Gefahr lauert ohnehin im eigenen Netzwerk. Besonders heikel wird’s, wenn du alles im selben WLAN laufen lässt: Kamera, Laptop, NAS, Smartphone, Fernseher. Sollte eines dieser Geräte kompromittiert werden – etwa durch eine Sicherheitslücke in einem Smart Speaker oder in einer alten Webcam – kann ein Angreifer im schlimmsten Fall weiter ins Netz wandern. Dann schützt dich auch die beste Verschlüsselung nicht mehr.
Darum die goldene Regel: Trenn dein Netz.
Konkret: Richte ein separates Gäste- oder IoT-WLAN ein, in dem nur Geräte wie Kameras, smarte Lautsprecher oder Fernseher hängen. Dieses Netz ist abgeschottet vom Rest deines eigentlichen WLAN. Selbst wenn jemand dort eine Schwachstelle findet, bleibt der Schaden begrenzt. Moderne Router bieten dafür meist schon vorkonfigurierte Optionen – zwei Netze, eins davon oft als «Gäste-WLAN» markiert. Es kostet dich zehn Minuten, das einzurichten, reduziert das Risiko aber massiv.

Wenn die App beim Setup trotzdem nach deinem Standort fragt – etwa nach Strasse oder Postleitzahl – dann gilt: Gib nicht mehr preis, als nötig. Eine grobe Angabe reicht völlig. Denn falls beim Hersteller je ein Datenleck auftreten sollte, willst du nicht, dass dein echter Wohnort im Datensatz steht. Eine leicht verfälschte Adresse ist hier keine Paranoia, sondern gesunder Menschenverstand.
Sicherheitskameras sind praktisch. Aber sie filmen nicht nur – sie senden auch Daten hinaus. Das bedeutet, dass du ihnen denselben Schutz zugestehen solltest, den du von ihnen erwartest. Und ja, das hat durchaus eine gewisse Ironie: Wer sein Zuhause mit einer Sicherheitskamera schützen will, muss zuerst die Sicherheit seiner Sicherheitskamera schützen.
Was Arlo über dich weiss – und was du wissen solltest
Und wenn wir schon beim Thema sind, eben: Wer sich eine smarte Kamera ins Haus holt, lädt nicht nur eine Linse ein, sondern auch einen Datensammler. Arlo ist da keine Ausnahme. Die Kameras speichern nicht einfach nur Videoclips, sie erfassen ein ganzes Bündel an Informationen: deinen Namen, deine E-Mail-Adresse, deine IP und manchmal sogar deinen Standort.
Das meiste davon braucht Arlo tatsächlich, um den Dienst überhaupt anbieten zu können: Die App funktioniert nur mit einem Konto, die Kamera muss registriert werden, und wenn du ein Abo für Cloud-Speicher nutzt, müssen die Clips ja irgendwohin übertragen werden. Und ja, um das Abo zu bezahlen, braucht Arlo deine Kreditkartendaten. So weit, so logisch.
Interessanter wird es bei der Frage, was darüber hinaus passiert. Laut Datenschutzhinweis darf Arlo deine Daten zu mehreren Zwecken verarbeiten:
- Zur Vertragserfüllung: Um dein Konto zu verwalten, Aufnahmen zu speichern oder Support zu leisten.
- Zur «Qualitätssicherung»: Aufgezeichnete Support-Gespräche oder Chats können intern ausgewertet werden – pseudonymisiert, aber eben trotzdem echte Daten.
- Für Marketing und Analyse: Arlo segmentiert Nutzende nach Verhalten – etwa, wann und wie oft du die App nutzt, um gezielte Werbung zu schalten oder Trends zu erkennen.
- Für rechtliche Zwecke: Im Streitfall oder bei Anfragen von Behörden darf Arlo Daten herausgeben.
Besonders relevant ist der letzte Punkt: Arlo gehört zwar zur Verisure-Gruppe mit Sitz in Irland, arbeitet aber eng mit Arlo Inc. in den USA zusammen – und dorthin können Daten übertragen werden. Das geschieht laut Arlo nach EU-Standardvertragsklauseln, was rechtlich zulässig ist. Trotzdem: Die USA sind datenschutzrechtlich ein anderes Pflaster, und absolute Kontrolle hast du dort als Nutzerin oder Nutzer nicht. Besonders nicht, wenn dortige Behörden wegen «Sicherheitsbedenken» Daten einfordern.
Das heisst natürlich nicht, dass Arlo Daten einfach so auch an Dritte verkaufen darf, die geschäftliche Interessen verfolgen. Aber die Grenzen zwischen «nicht verkaufen» und «für eigene Geschäftszwecke verarbeiten» sind in der Praxis oft fliessend und alles andere als transparent.

Die gute Nachricht: Du hast Rechte. Du kannst in der Arlo-App im Datenschutzzentrum Videos und Kontodaten löschen, die Datennutzung einschränken oder der Verarbeitung zu Marketingzwecken widersprechen. Arlo ist verpflichtet, diese Anfragen innerhalb eines Monats zu beantworten.
Und noch ein Tipp: Wenn du die Kamera nur testest oder temporär nutzt, lösche am Ende nicht nur die Clips, sondern auch dein Konto – sonst bleiben deine gesammelten Metadaten bis zu zwölf Monate gespeichert.
Fazit: Vertrauen ist kein Feature
Technisch liefert Arlo ab: scharfe Bilder, stabile Verbindung, solide Verarbeitung. Die Kameras tun genau das, was sie sollen – sie überwachen, erkennen und reagieren. Doch das Gefühl von Sicherheit endet dort, wo die Bedienung beginnt. Die App ist mächtig, aber überfrachtet, teils unlogisch und für ein System dieser Preisklasse erstaunlich umständlich.
Entscheidend ist am Ende sowieso nicht, wie gut die Kamera filmt, sondern wie bewusst man sie nutzt. Wer sich die Zeit nimmt, die App zu verstehen, das Netzwerk sauber zu trennen und den Datenschutz ernst zu nehmen, bekommt ein leistungsfähiges System. Wer hingegen einfach alles installiert und laufen lässt, gibt Kontrolle ab. Nicht nur über die Kamera, sondern auch über die eigenen Daten.
Oder anders gesagt: Arlo kann dein Zuhause sicherer machen. Aber Vertrauen ist kein Feature, das du einfach aktivierst. Es entsteht erst, wenn du selbst Verantwortung übernimmst. Jep, das kann auch bedeuten, sich statt einer smarten Kamera mit Datenleitung ein «dümmeres» Modell zu holen, das nichts anderes tut als einfach nur die Daten auf ein eigenes NAS zu laden.
Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.
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