Hintergrund

Auflösung von Kamerasuchern und -bildschirmen: Lass dich nicht blenden

David Lee
17/6/2025

Die Auflösung von Kamerasuchern oder -bildschirmen ist weniger hoch, als du vielleicht vermutest. Das liegt an den seltsamen Herstellerangaben. Hier erfährst du, wie du diese interpretieren musst.

Elektronische Sucher in Kameras haben unterschiedliche Auflösungen. Die Hersteller geben diese meist in Millionen Bildpunkten an. Ein durchschnittlicher Sucher hat heutzutage eine Auflösung von 3,69 Millionen Bildpunkten. Ein guter weist 5,76 Millionen und ein sehr guter 9,44 Millionen Bildpunkte auf.

In jedem Fall klingt es nach viel. Nach mehr, als es eigentlich ist.

Dreimal weniger

Denn mit Bildpunkten sind nicht Pixel gemeint, sondern Subpixel. Auch auf Englisch ist niemals von «pixels» die Rede, sondern immer von «dots». Bei einem RGB-Bildschirm besteht jeder Pixel aus drei Subpixeln – je einer für die Farben Rot, Grün und Blau. Um die Anzahl Pixel zu erhalten, musst du also die Subpixel durch drei teilen. Aus den 3,69 Millionen Bildpunkten werden 1,23 Millionen Pixel. Das klingt schon nicht mehr so toll.

Noch mickriger liest sich die Angabe, wenn ich die Gesamtzahl in Länge und Breite aufteile. Bei einem Seitenverhältnis von 4:3 ergibt das 1280 × 960 Pixel. Dies ist das übliche Seitenverhältnis von elektronischen Suchern. Bei einem Sensor im 3:2-Format wird der übrig gebliebene schwarze Streifen genutzt, um Aufnahmeinformationen einzublenden.

Info-Anzeige bei der Canon EOS R5.
Info-Anzeige bei der Canon EOS R5.

Es gibt auch Bildschirme, bei denen jeder Pixel vier Subpixel hat: In einem WOLED-Panel kommt für jedes Pixel noch ein weisses Subpixel dazu. Sollten solche Bildschirme auch in Kamerasuchern eingebaut werden, müsste die Subpixelzahl durch vier geteilt werden. Meines Wissens ist das bisher jedoch nicht der Fall.

Beim Kamera-LCD ist es ähnlich. Auch die Displays auf der Rückseite der Kameras weisen in den Datenblättern Bildpunkte oder Dots statt Pixel auf. Auch sie haben oft ein 4:3-Seitenverhältnis, manchmal auch 3:2. Die Auflösungen sind hier noch tiefer. Ein geläufiger Wert für ein LCD ist 1,44 Millionen Dots. Das sind 480 000 Pixel – also 800 × 600 Pixel.

Warum tun die das?

Ich weiss nicht, wieso die Hersteller ihre Bildschirme in Bildpunkten statt Pixeln spezifizieren. Technisch gesehen gibt es meines Erachtens keinen Grund dafür. Diese Bildschirme funktionieren nicht anders als Computer- oder TV-Panels. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um einen Marketing-Trick handelt.

Klar ist: Wenn ein Hersteller es macht, müssen die anderen mitziehen. Wer es nicht tut, erweckt den Eindruck, die eigenen Auflösungen seien nicht konkurrenzfähig. Denn kaum jemand wird beim Überfliegen der Spezifikationen den Unterschied zwischen Bildpunkten und Pixeln erkennen.

Auflösungen bei Foto-Sensoren

Vielleicht haben sich die Hersteller an den Foto-Sensoren orientiert. Denn dort sind die Pixel in gewissem Sinne auch nur Subpixel: Sie können nur eine der Farben Rot, Grün, oder Blau darstellen.

Es gibt aber einen wichtigen Unterschied: Am Ende erhältst du ein Foto, das tatsächlich die versprochene Anzahl Pixel aufweist. Das heisst, ein 24-Megapixel-Sensor liefert dir tatsächlich 24 Millionen Pixel. Darum sprechen die Hersteller hier auch explizit von Pixeln und nicht von Bildpunkten.

Möglich wird dies durch Interpolation: Aus den umliegenden Pixeln kann für jedes Pixel die korrekte Farbe errechnet werden. Allerdings führt diese Interpolation zu einem Schärfeverlust. Ein Monochrom-Sensor wie bei der Leica Q2 Monochrom liefert schärfere Bilder als ein Farbsensor mit der gleichen Auflösung.

Wann ist ein Sucher gut genug?

Würden elektronische Sucher ein inakzeptabel schlechtes Bild liefern, hätten sie niemals die Spiegelreflexkameras vom Markt verdrängt. Ein Sucherbild mit 1280 × 960 Pixeln ist zwar nicht optimal, aber für die meisten Zwecke gut genug. Allerdings ist der Unterschied zu einer höheren Auflösung deutlich zu sehen.

Die Qualität des Live-Bilds hängt zudem auch von anderen Faktoren ab. Wichtige Kriterien sind die Refresh-Rate und die Helligkeit des Suchers. Sie entscheiden darüber, ob du ein flüssiges Bild siehst und wie gut du in sehr hellen Umgebungen zurechtkommst.

All diese Dinge wirken sich auf die Akkulaufzeit aus. Insbesondere eine hohe Auflösung kombiniert mit einer hohen Refresh-Rate erfordert viel Rechenpower und benötigt entsprechend Strom. Helligkeit und Refresh-Rate lassen sich in den Einstellungen reduzieren, um den Akku zu schonen. Für die Auflösung gilt das nicht. In den Spezifikationen für den Sucherbetrieb ist in der Regel eine kürzere Akkulaufzeit angegeben als für den LCD, weil der Sucher eine höhere Auflösung hat.

Eine Kamera, die all dem gerecht werden soll, braucht also auch einen starken Akku und einen effizienten Prozessor. Im Jahr 2025 ist die Technik so weit fortgeschritten, dass ein Sucher nicht mehr weniger als 3,69 Mio. Dots (also 1280 × 960 Pixel) aufweisen sollte.

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 

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