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Hintergrund

Einsamkeit macht krank, Alleinsein hilft dagegen

In Film, Kunst und Philosophie gilt Einsamkeit als schillernde Quelle der Inspiration und der Erkenntnis. In der Realität jedoch verlieren einsame Menschen den Anschluss, mit schweren gesundheitlichen Folgen. Und wie die Forschung heute weiß, verhindert das eigene Gehirn sogar, wieder sozialen Anschluss zu finden.

McCandless tragisches Ende in der Einsamkeit wird später von vielen romantisiert. Sein Bus wird zur Pilgerstätte, bis Abenteurer auf dem Weg dorthin verunglücken und das Wrack entfernt wird.

In der Realität ist wenig Glorreiches an der Einsamkeit zu finden. Für sie braucht es kein Buswrack in der Einöde – Einsamkeit kann überall entstehen: Im Alltag und selbst in Momenten der Zweisamkeit.

Johannes Gorbach, Projektleiter der Plattform gegen Einsamkeit in Österreich, gibt Einblicke in die Welt der Einsamkeit, warum der Weg aus ihr so beschwerlich ist und was der erste Schritt sein kann.

Keine Alterserscheinung: Immer mehr junge Menschen von Einsamkeit betroffen

Wer sich heute jemand einsames vorstellt, sieht nicht den schillernden jungen Abenteurer, sondern einen alten Menschen in einem Pflegeheim. Tatsächlich ist Einsamkeit jedoch nichts, was sich nur im hohen Alter abspielt.

In der Schweiz sinkt die Einsamkeit laut Statistik sogar mit zunehmendem Alter: Während sich in der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen 48 Prozent der Befragten oft einsam fühlen, sind es bei den über 65-Jährigen nur noch 32 Prozent.

«Einsamkeit entsteht in Übergangsphasen des Lebenslaufs», sagt Experte Gorbach. «Die Jugend ist so eine Phase: Wohnortwechsel, Schulwechsel oder der Eintritt in das Berufsleben – das sind alles Veränderungen, die das Risiko für Einsamkeit erhöhen.» Warum der Fokus heute verstärkt auf der Jugend als Risikogruppe liegt, erklärt er so: «Die Pandemie hat ein Brennglas darauf gerichtet und Einsamkeit wurde unter jungen Menschen stark enttabuisiert.»

Digitalisierung und Social Media: Treiber der Einsamkeit?

Inwiefern Digitalisierung, soziale Netzwerke und das Smartphone eine Rolle spielen, werde gerade in der Wissenschaft heiß diskutiert: «Digitale Medien haben unsere sozialen Beziehungen in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich verändert. In allen Altersgruppen.»

In der Wissenschaft gibt es unterschiedliche Schlussfolgerungen zu dieser Entwicklung. Laut einer 2023 erschienen Studie steht mehr Zeit in sozialen Netzwerken in einem deutlichen Zusammenhang zu einem stärkeren Einsamkeitsgefühl.

Ein Warnzeichen: Was dir die Einsamkeit sagen will

Wie beschreibt die Wissenschaft Einsamkeit? Als subjektiven, negativen Zustand: «Ein wahrgenommener Mangel zwischen den gewünschten und den verfügbaren Kontakten», sagt Gorbach. Aus evolutionärer Sicht ist sie ein Warnzeichen, ähnlich wie Hunger oder Stress: «Das Hungergefühl ist per se nichts Schlechtes. Es sagt mir nur: Ich muss mich auf Nahrungssuche begeben und etwas essen.»

Wie der Hunger scheint auch die Einsamkeit ein uraltes Programm der Evolution zu sein. Und ein völlig normales menschliches Empfinden. Sie sagt dir: «Du musst wieder hinausgehen und mit anderen Menschen in Kontakt treten.»

Alleinsein kann eine Chance sein, Einsamkeit hier und da ist völlig normal. «Es ist eine menschliche Erfahrung, einsam zu sein. Problematisch wird es, wenn ich einsam bin und keine Kontakte habe, die meine Bedürfnisse nach Zugehörigkeit oder Intimität befriedigen.»

Wie Einsamkeit der Gesundheit schadet

Vorab: Einsamkeit ist keine Diagnose oder Krankheit, aber Einsamkeit kann krank machen. Hält sie länger an – wird sie also chronisch –, kann sie tiefe Spuren in deiner Gesundheit hinterlassen. Wortwörtlich.

Unterm Strich bedeutet das für chronisch einsame Menschen ein um 83 Prozent erhöhtes Sterberisiko – höher als die Sterblichkeit durch Fettleibigkeit oder Tabakkonsum.

Wie Einsamkeit das Gehirn verändert

Alleinsein schützt vor Einsamkeit

«Geh doch mehr unter Menschen», ist ein Tipp, den Einsame oft zu hören bekommen. Das sei ungefähr so hilfreich wie einem Depressiven zu mehr Zuversicht zu raten. «Hochproblematisch» nennt Gorbach diese Ratschläge. «Man kann den Betroffenen Einsamkeit nicht vorwerfen. Das Denken verändert sich mit der Zeit und es bauen sich soziale Skills ab. Dinge wie Gesprächsführung muss man dann teilweise wieder neu erlernen und regelmäßig üben.»

Stattdessen helfen Betroffenen direkte Angebote. Denn wichtig sei zunächst, aus der sozialen Isolation herauszufinden und Kontakte zu ermöglichen. Wenn sich Menschen in deinem Umfeld immer weiter aus dem Sozialleben zurückziehen, kannst du sie also ins Nachbarschaftszentrum, Begegnungscafé oder zur Schnupperstunde im Sportverein begleiten.

Untersuchungen haben gezeigt: Einsame Menschen können sich schlechter mit anderen synchronisieren, Blicke austauschen oder auf ein Lächeln reagieren. Schafft man potenzielle Kontakte in begleiteter Form, könne das helfen, wieder kleine positive Momente mit anderen zu erleben und der Einsamkeit entgegenzuwirken.

Ins Tun müssten Betroffene aber selbst kommen, sagt der Experte. Ein erster Schritt ist das Eingeständnis, dass etwas im Sozialleben fehlt. Und sich selbst zu fragen, welche Art von Austausch man sich wünscht und wo man Gleichgesinnte dafür findet. Dazu hilft die Einsicht: Niemand ist vor der Einsamkeit gefeit. Gorbach betont: «Sie kann jeden und jede treffen. Es gibt kein Eigenverschulden.»

Der Wunsch nach Einsamkeit wurde McCandless letztlich zum Verhängnis. Er erlag mutterseelenalleine, nur wenige Kilometer von der nächsten Stadt entfernt, vermutlich dem Hungertod. Auf den letzten Seiten seines Tagebuchs war er zur späten Erkenntnis gekommen: «Glück ist nur echt, wenn man es teilt.»

Titelbild: shutterstock

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Ich liebe blumige Formulierungen und sinnbildliche Sprache. Kluge Metaphern sind mein Kryptonit, auch wenn es manchmal besser ist, einfach auf den Punkt zu kommen. Alle meine Texte werden von meinen Katzen redigiert: Das ist keine Metapher, sondern ich glaube «Vermenschlichung des Haustiers». Abseits des Schreibtisches gehe ich gerne wandern, musiziere am Lagerfeuer oder schleppe meinen müden Körper zum Sport oder manchmal auch auf eine Party. 


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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