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Meinung

Künstlichkeit der Kunst. Wie KI den Kunstmarkt aufmischt

Kunstschaffende KIs sind so präsent wie noch nie. Der Grund: immer besser werdende Tools wie Stable Diffusion. Kontroverse Diskussionen zum Kunstbegriff sind die Folge. Doch sind da auch Chancen.

«Jeder Mensch ist ein Künstler». Joseph Beuys Aussage bekommt mit moderner Technologie ganz neue Bedeutung. Du kannst mit wenigen beschreibenden Worten in unter einer Minute neue Werke schaffen. Möglich machen das neue Tools, die sich Künstlicher Intelligenz (KI) bedienen. Diese nennen sich beispielsweise Midjourney oder Lensa.

Das beschäftigt die Kreativbranche und zahlreiche Betroffene äussern sich dazu – hauptsächlich negativ. Persönlich finde ich, dass uns diese neue Technologie einige Möglichkeiten eröffnet. Zudem ist das ein geeigneter Zeitpunkt, den Begriff Kunst wieder einmal zu hinterfragen. Ich behaupte: Die Kunst der Menschen wird durch KI nicht ersetzt, sondern kann sich dadurch neu erfinden.

Kunst auf Knopfdruck

Immer mehr Programme und Apps generieren praktisch auf Knopfdruck qualitativ ansehnliche Bilder. Mit der App Lensa entstehen aus einer Handvoll Selfies, die du dafür hochlädst, eine Vielzahl neuer, malerischer Porträtbilder.

Auf der Plattform Midjourney kannst du mit ein paar Zeilen Text ein beliebiges Bild erstellen lassen. Die KI erstellt dir innerhalb einer Minute sogar vier Varianten.

An sich klingen diese Spielereien harmlos und spassig, doch kaum sind die Programme für die Öffentlichkeit zugänglich, hagelt es Kritik: KIs würden für ihre Ergebnisse die Arbeit von echten Künstlern kopieren. Es sei keine richtige Kunst und überhaupt sei das doch alles illegal. Die Kritik kommt vor allem daher, dass die KI auf menschengemachte Kunst als Training angewiesen ist.

Wie so ein Tool funktioniert

Das KI-Modell, auf das Lensa zurückgreift, heisst Stable Diffusion und ist auf die Generierung von Bildern spezialisiert.

Das Programm basiert auf einem neuronalen Netz. Dieses muss mit möglichst vielen Daten gefüttert werden, damit es Muster erkennt. Stable Diffusion nutzt Millionen von Bildern, um die unterschiedlichsten Motive und Muster zu erkennen. Die Bilder müssen zudem eine Textbeschreibung haben, damit die KI eine Verbindung zwischen Text und Bild erlernen kann.

Zum Beispiel wird der KI anhand unzähliger Bilder von Gesichtern mit passendem Beschreibungstext eingetrichtert, was die Merkmale für ein Porträt sind. Möchtest du ein Porträt von einer jungen, blonden Frau, sucht der Algorithmus in seinem Fundus nach dieser Beschreibung und mischt aus den Bildern mit den passenden Merkmalen ein neues Porträt einer jungen Blondine.

Doch, woher kommt die Bilderflut, die benötigt wird? Stable Diffusion greift auf die frei verfügbare Datenbank LAION-5B zurück. Diese enthält über 600 Millionen Bilder aus dem Internet. Damit lässt sich natürlich einiges anstellen. Leider fehlen die spezifischen Quellenangaben beim Tool.

Reale Beispiele, die zum Nachdenken anregen

Neben der ganzen Theorie gibt es bereits einige interessante Fälle aus der Praxis, bei denen eine gestalterische KI zum Einsatz gekommen ist. Diese drei haben mich persönlich stark zum Nachdenken gebracht.

Das Kinderbuch «Alice and Sparkle»

Der Produktdesigner Ammaar Reshi aus San Francisco hat sich mit ChatGPT, einem KI-gesteuerten Chatbot des Forschungsunternehmens OpenAI, beschäftigt. Dabei ist ihm die Idee gekommen, ChatGPT für das Erschaffen eines Kinderbuchs zu verwenden.

Also hat Reshi für sein Werk Illustrationen mithilfe von Midjourney generiert. Den Text zu den Bildern hat er aus Story-Elementen eines Textverlaufs mit dem Bot von ChatGPT erstellt.

Das Buch ist nicht perfekt geworden. Die von der KI generierten Illustrationen weisen eine Reihe von Problemen auf: Einige Hände sehen aus wie Klauen, manche Objekte schweben, und auch Schattierungen sind teilweise nicht korrekt gesetzt. Sogar der Stil ist nicht kohärent.

Dann brauchst du zusätzlich eine Text-KI, die in meinen Augen nicht sonderlich kreativ schreibt, sondern eher zusammengetragene Informationen wiedergibt.

Das fertige Buch wirkt auf mich wie eine zusammengestückelte Collage. Als Buchillustratorin und -illustrator hast du wortwörtlich viel mehr künstlerische Freiheit für die Bilder – aber auch für die Texte.

Gerade für einen Auftraggeber stelle ich es mir schwierig vor, wenn er nicht weiss, was für ein Stil herauskommen könnte, oder auf welche Art die Geschichte verfasst würde. Auch als allgemeine Betrachter irritiert es, wenn beispielsweise eine Hauptfigur auf jedem Bild ganz anders aussieht.

Ein KI-generiertes Kunstwerk gewinnt einen Wettbewerb

Jason Allen erklärte, dass das von der KI erstellte Werk ihm als Grundlage diente. Die Prompt für das Bild musste er mehrfach überarbeiten, bis ihm das Ergebnis passte. Anschliessend hat er das Bild selbst noch zusätzlich mit Photoshop weiterbearbeitet.

Für mich hat die Zufälligkeit, mit der solche Bilder entstehen, wenig mit Kreativität und Kunstschaffen zu tun. Da die Prompts in den meisten Fällen stark überarbeitet werden und auch das Bild danach noch verändert wird, wirkt das Tool für mich wortwörtlich wie ein Werkzeug. Ein Werkzeug, mit dem du das Ergebnis nur bedingt steuern kannst. Damit ist der Prozess für mich weniger künstlerisches Schaffen, bei dem du von A-Z alles selbst erlernst und machst.

Das KI-generierte Filmplakat des San Francisco Ballet

Als das San Francisco Ballet im Dezember 2022 für eine Aufführung des Stückes «Der Nussknacker» mit einem KI-generierten Plakat wirbt, sind frustrierte Stimmen aus der Kreativecke zu hören.

Das Ballett hat für die Nussknacker-Kampagne fast 30 Designer, Produzenten und Kreative einer Werbeagentur beschäftigt. Auch sonst arbeiten Hunderte von Künstlern in allen Bereichen des San Francisco Ballet. Warum nutzt man ausgerechnet hier eine KI?

Auch in diesem Exempel sehe ich einen positiven Aspekt. Wenn der Grundbaustein für ein Plakat so schnell generiert werden kann, bleibt Arbeitszeit für andere Aufgaben des Balletts übrig. Gerade für eine Ballettaufführung gibt es unglaublich viel kreative Arbeit zu bewältigen. Und auch für das Bedienen der Tools braucht es immer noch Menschen für die kreativen Inputs und die Weiterverarbeitung.

Den Teufel an die Wand malt immer noch der Mensch

Tools wie Midjourney und Lensa basieren auf einer grossen Bilddatenbank und in allen genannten Praxisbeispielen hat die KI aus diesen bestehenden Bildern etwas Neues zusammengewürfelt. Klingt nicht sonderlich innovativ.

Aber wenn ich darüber nachdenke, machen Menschen oft nichts anderes: Aus alten Songs entstehen Covers oder Remixes, Geschichten werden auf immer neue Art verfilmt, und berühmte Bilder wie die Mona Lisa kannst du inzwischen auch als Socken tragen.

Was mir aus Erfahrung in Bezug auf digitale Kunst generell aufgefallen ist: Menschen lieben Unikate. Und die entstehen rein in der traditionellen Kunst: eine flüchtige Bleistift-Skizze, ein Ölgemälde, ein verwaschenes Aquarellbild. Solche Einzelwerke sind schon wertvoller als reproduzierbare, digitale Kunst. Vielleicht werden gerade jetzt solche Werke noch viel wertvoller. Die Energie, die ein solches Bild ausstrahlt, ist unersetzbar.

Ausblick: Die KI als Freund und Helferin

Künstliche Intelligenz sollte meiner Meinung nach nicht feindselig betrachtet, sondern als neues Werkzeug genutzt werden. Sie kann uns helfen, über uns hinauszuwachsen, denn sie zeigt uns Bildideen, auf die wir allein nicht gekommen wären. Oder sie bietet eine schnelle Grundlage für die Weiterverarbeitung als Plakat oder Albumcover. Und sie verhilft uns dazu, den Kunstbegriff wieder einmal stärker zu hinterfragen: Was ist denn nun richtige Kunst?

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Seit ich einen Stift halten kann, kritzel ich die Welt bunt. Dank iPad kommt auch die digitale Kunst nicht zu kurz. Daher teste ich am liebsten Tablets – für die Grafik und normale. Will ich meine Kreativität mit leichtem Gepäck ausleben, schnappe ich mir die neuesten Smartphones und knippse drauf los. 


Meinung

Hier liest du eine subjektive Meinung der Redaktion. Sie entspricht nicht zwingend der Haltung des Unternehmens.

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