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Compulsion Games
Kritik

«South of Midnight» im Test: ein spielbares Märchen mit traumhafter Optik und ödem Kampfsystem

Das neue Xbox-Spiel von «We Happy Few»-Entwicklerstudio Compulsion Games verzaubert mit einer märchenhaften Präsentation und enttäuscht mit einem langweiligen Kampfsystem.

Oh Mann! Wie gerne würde ich dir «South of Midnight» in dieser Kritik empfehlen. Einfach, weil das spielbare Märchen so erfrischend anders ist. Die audiovisuelle Präsentation und die düstere Südstaaten-Folklore fühlen sich herrlich unverbraucht an. Oder hast du schon mal in einem Game gegen ein mythisches Albino-Krokodil gekämpft, während ein Countrylied läuft, das seine Hintergrundgeschichte erzählt? Eben.

Während das Spiel erfolgreich mit unkonventionellen Ideen experimentiert, scheitert es an der Umsetzung grundlegender Gameplay-Elemente. Das öde Kampfsystem, die träge Steuerung und das unspektakuläre Leveldesign reissen mich während des rund zehnstündigen Abenteuers immer wieder aus der märchenhaften Welt.

Nach mir die Sintflut

Ich schlüpfe in die Rolle der 19-jährigen Hazel Flood, die zusammen mit ihrer Mutter irgendwo im tiefsten Süden der USA wohnt. Während eines heftigen Orkans wird ihre Mutter samt Haus in eine magische Welt voller Fabelwesen weggeschwemmt.

Auf der Suche nach verschollenem Haus und Elternteil entdeckt Hazel, dass sie Superkräfte besitzt. Sie gehört zu einer auserwählten Gruppe magischer Weberinnen, die mit speziellem Webwerkzeug gegen dunkle Kräfte kämpfen. Das trifft sich ganz gut, denn die Märchenwelt von «South of Midnight» ist voller Geister und Monster, die Hazel auf der Suche nach ihrer Mutter behindern.

Sooooo schöööön

Besonders gelungen ist auch die Beleuchtung, die die Szenerie meist in goldene Farbtöne taucht. Auch die Innenräume, die von vermoderten Sumpfhütten bis hin zu luxuriösen Anwesen reichen, sind eine wahre Augenweide. Ich erwische mich immer wieder, wie ich innehalte und Screenshots mache, um die spezielle Atmosphäre festzuhalten. Auf Standbildern sieht das Game bisweilen wie ein Ölgemälde aus.

So was können nur Games

Ein grosses Highlight ist auch die musikalische Untermalung. Der Soundtrack vermischt Country-, Jazz- sowie Blues-Elemente und unterstreicht damit das spezielle Südstaaten-Feeling perfekt. Besonders cool: Viele Lieder enthalten Gesangselemente und Lyrics, die sich auf das beziehen, was ich gerade erlebe.

Am besten zur Geltung kommt die musikalische Begleitung bei den Bosskämpfen. In unregelmässigen Abständen stellt sich Hazel teils riesigen mythischen Kreaturen, die ihr feindlich gesinnt sind. Sie muss einen gigantischen Baumriesen erklimmen, gegen eine Monster-Eule kämpfen oder Angriffe einer riesigen Spinne überleben. Viele dieser Viecher haben ihren Ursprung in «echten» Fabelwesen aus der südstaatlichen Folklore der USA.

Die Monster haben eine tragische Hintergrundgeschichte und waren früher mal ganz normale Menschen – oder Tiere. In kleinen Story-Fetzen erfahre ich, was es mit der mythischen Kreatur im jeweiligen Spielgebiet auf sich hat. Die traumatischen Erinnerungen der Fabelwesen haben sich in magischen Knotenpunkten manifestiert, die in den Levels verteilt sind. Diese kann Hazel mit ihrem Webwerkzeug entknoten und somit in ihre Vergangenheit blicken.

Die übergreifende Story von Hazel und ihrer verschollenen Mutter hat mich nicht wirklich gepackt – dafür haben mich die herzzerreissenden Geschichten der mythischen Monster umso mehr fasziniert. Je mehr ich über sie erfahre, desto weniger sehe ich sie als Feinde, sondern entwickle Mitleid für sie.

So sehe ich beim Entwirren der Knotenpunkte, dass der riesige Baum früher mal ein psychisch beeinträchtigter Junge namens Benjy war. Der wurde von allen gemobbt und schliesslich von seinem Bruder ermordet. Während ich den Baum erklimme, gesteht der Bruder seine Schuld musikalisch:

«He was my brother, Benjy his name // He saw things different, he was my shame // I said goodbye, I said farewell // I took my hammer, my ticket to hell»

Das anfangs erwähnte Albino-Monster-Krokodil wurde früher in Gefangenschaft gehalten und fast zu Tode gehungert. So hat es angefangen, sich selbst aufzufressen, bis es nur noch zwei Zehen an seinen Füssen übrig hatte – daher auch der Spitzname «Two-Toed Tom» («Zwei-Zehen-Tom»). Auch die Geschichte des mythischen Riesenkrokodils wird während des Bosskampfs musikalisch aufbereitet:

Was mich an diesen Spielsequenzen besonders fasziniert, ist die Art und Weise, wie die Musik mit dem Gameplay verwoben ist. Die Lieder reagieren dynamisch auf das Kampfgeschehen und auf meine Aktionen. Sie sind nicht bloss passive Hintergrundmusik, sondern ein interaktiver Teil meiner Spielerfahrung. Storytelling, Musik und Gameplay greifen ineinander und es entstehen magische Momente, die so in keinem anderen Medium möglich wären.

Monotones Leveldesign

Diese speziellen Spielpassagen stehen in starkem Kontrast zum Rest des Spiels, das im Vergleich bisweilen generisch und uninspiriert wirkt.

Das Leveldesign der wunderschönen Spielwelten erfüllt seinen Zweck, hinterlässt aber insgesamt einen konservativen und unspektakulären Eindruck. Der Ablauf ist immer wieder derselbe: Hazel durchquert ein Level auf der Suche nach Hinweisen und magischen Knotenpunkten. Hat sie alles erledigt, wird sie zum Bosskampf geschleust.

Die Umgebungen sind linear und bieten wenig Platz zum Erkunden. Ab und zu entdecke ich in kleinen Abzweigungen spannende Notizen, die mir mehr über die Lore der Spielwelt verraten. Auch Upgradepunkte für Hazels Skilltree – dazu weiter unten mehr – sammle ich abseits der Hauptwege.

Hazel bewegt sich akrobatisch durch die Levels. Als Leichtathletikläuferin rennt und hüpft sie blitzschnell umher. Mit ihrem magischen Webwerkzeug kann sie zudem an Wänden entlang rennen und für kurze Zeit durch die Luft gleiten.

Hazels Moveset ist gelungen und abwechslungsreich, jedoch fühlt sich die Steuerung in hektischeren Momenten unpräzise an. Oftmals springt oder bewegt sich Hazel einen Tick zu viel oder zu wenig. Auch die schwerfällige Kamera kann in vielen Situationen nicht mithalten. Besonders Plattformer-Passagen fühlen sich dadurch nicht so geschmeidig an, wie ich es mir aus anderen Games gewohnt bin.

Neeeein, nicht schon wieder!

Während ich mit dem unspektakulären Leveldesign und der trägen Steuerung noch leben kann, ärgern mich die repetitiven und oft vorkommenden Kämpfe richtig. Sie trüben meinen Gesamteindruck vom Spiel stark.

Auf ihrer Rettungsmission wird Hazel immer wieder von schwarzen Geistern attackiert. Dies passiert meist bei den bereits erwähnten Knotenpunkten mit traumatischen Erinnerungen, die Hazel entwirren muss. Die Kämpfe finden jeweils in kleinen, geschlossenen Arenen statt. Diese leeren Flächen sind vom Rest der Levels getrennt. Sie bieten deshalb keine spannenden interaktiven Elemente, die Hazel im Kampf nutzen könnte.

Es gibt eine Handvoll verschiedener Geistertypen, die sich in ihren Angriffsmustern und ihrem visuellen Erscheinungsbild unterscheiden. Die minimale Varianz zwischen den Geistern genügt nicht, um für Abwechslung zu sorgen. Spätestens nach dem fünften Kampf, der nach dem immer gleichen Muster abläuft, habe ich keinen Bock mehr auf die hässlichen schwarzen Farbkleckse.

«South of Midnight» ist ab dem 8. April für Xbox Series X/S und PC sowie im Game Pass erhältlich. Die «Premium Edition» ist schon ab dem 3. April erhältlich. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Microsoft für die Xbox Series X zur Verfügung gestellt.

Fazit

Ein traumhaft schönes Märchen, gefangen zwischen Kreativität und Monotonie

Das spielbare Märchen «South of Midnight» überzeugt vor allem mit seiner audiovisuellen Präsentation. Die Südstaaten-Atmosphäre wird mit einem detailverliebten Artstyle und interaktiven Soundtrack perfekt eingefangen. Narrativ funktioniert das Game vor allem in den kleinen Story-Vignetten zu den diversen Fabelwesen aus der südlichen Folklore. Spielerisch enttäuscht das Game jedoch mit einem konservativen Leveldesign und monotonen Kämpfen. Diese stehen in starkem Kontrast zur sonst so liebevollen und kreativen Umsetzung.

Pro

  • schöne Spielwelten mit Südstaaten-Flair
  • gelungener Soundtrack mit interaktiven Elementen

Contra

  • langweiliges Kampfsystem
  • lineares und monotones Leveldesign
Titelbild: Compulsion Games

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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.


Kritik

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