

Hemmungslos trinken ohne Kater: Kein problem mit diesen Getränken
Die Zeit der Feste und Feiern ist da. Also die Zeit des Schlemmens und Trinkens. Für letzteres setze ich dieses Jahr mehrheitlich auf neue, kreative und noch unbekannte Getränke – ohne Alkohol.
Wer kennt sie nicht, die Galaxus-Weihnachtswerbung, in der diese maximal disfunktionale Familie an der festlich gedeckten Tafel sitzt und darauf steht eine an Unappetitlichkeit nicht zu unterbietende «VeGans» – eine vegane Weihnachtsgans. Nun bin ich alles andere als Fleisch-Fundi oder Veganismus-Basher, im Gegenteil, fleischlos zu essen finde ich sogar sehr interessant und lecker. Aber halt gut gemacht.
Um fleischlose Familienfeiern soll es hier gar nicht gehen. Sondern um dessen kleinen, eventuell noch humorloseren Bruder: alkoholfreie Getränke – an Weihnachtsfeiern und Silvester.
Aber halt. Von wegen humorloser kleiner Bruder. Alkoholfrei feiern ist kein links-grün-versifft-wokes Gutmenschentum, sondern ein seit längerem anhaltender Trend. Bei den Jugendlichen unserer Zeit ist alkoholfrei, zusammen mit Social-Media-frei, das neue Cool. Inzwischen trinken Schweizerinnen und Schweizer so viel weniger einheimischen Wein, dass sich der Weinbauer-in-Chief und seine Berner Mitstreiterinnen und Mitstreiter schon veranlasst sahen, die Schweizer Winzer mit zweistelligen Millionenbeiträgen zusätzlich zu unterstützen.
Und nicht nur die Winzer klagen darüber, dass weniger getrunken wird. Auch bei den Bierbrauer macht sich Ernüchterung breit. Der Schweizer Brauerei-Verband hat im November mitgeteilt, dass der Bierkonsum in der Schweiz im Geschäftsjahr 24/25 insgesamt um 1.8 Prozent rückläufig war, der Konsum von alkoholfreiem Bier sowohl bei einheimischem als auch bei importiertem Bier hingegen zunehme.
Tee statt Schnaps – so gehen Mocktails
Der Verzicht auf alkoholische Getränke ist definitiv kein Verzicht auf Genuss oder interessante Getränkebegleitung von Weihnachts- und Silvester-Dinners. Im Gegenteil. Denn wo die Nachfrage nach einer Produktkategorie nachlässt, entsteht nicht Nichts, sondern Raum für spannende Alternativen. Und solche will ich dir nun vorstellen.
Tatsächlich habe ich mich selbst in den letzten Jahren, in denen ich meine Hausbar aufgebaut habe – zum Nachlesen hier, hier und hier – auch mit alkoholfreien Drinks befasst. Zum einen, weil meine Tochter (10) bei unseren Familien-Aperos gerne ihren eigenen Drink möchte, zum anderen, weil meine Frau und ich kaum mehr als einen, höchstens zwei alkoholische Drinks an einem Abend trinken, aber vielleicht trotzdem nach dem Essen noch Lust auf einen Digestif haben.
Neben einigen eigenen Erfahrungen und Experimenten habe ich mir Inspiration und Information bei einem Experten für Genussthemen geholt: Peter Jauch, dem Autoren des Champagner-Buchs, das ich kürzlich vorgestellt habe.
Denn längst hat der Fachmann für Gin und Champagner seine Expertise diversifiziert und entwickelt zum Beispiel alkoholfreie Tafelgetränke auf Teebasis.
Dabei ersetzt er die Spirituosenbasis durch einen Tee, den er als Coldbrew aufsetzt und dann zum Beispiel mit Fruchtsäften, Zitrussäften, Zuckersirup, einem Tonic oder sonst einem Filler kombiniert. «Für mich steht immer der Geschmack am Anfang und im Zentrum eines Drinks», erklärt mir Jauch seine Herangehensweise, «kürzlich habe ich für einen Anlass einen Pfefferminz-Kamillen-Tee als Basis genommen und mit trübem Apfelsaft kombiniert. Das hat extrem gut funktioniert, dabei haben wir bei Kamillentee doch immer die Assoziation von Krankheit. Aber mit der frischen Minze und dem Apfelsaft ist eine Geschmackskombination entstanden, die die Kamille in einen ganz anderen Kontext gebracht hat.»
Ich habe danach sofort Lust bekommen, diesen Drink selbst auszuprobieren und kann guten Gewissens sagen: Funktioniert! (Du siehst ihn im Titelbild ganz oben, btw)
Tatsächlich kann ich mir sehr gut vorstellen, auf dieser Grundlage alle erdenklichen Drinks zu kreieren. In Sachen Tee respektive Infusionen gibt es geschmacklich eine riesige Vielfalt, mit der du experimentieren kannst. Und Kombinationsmöglichkeiten mit Fruchtsäften, Sirups, Limonaden oder frischen Früchten und Kräutern sind unerschöpflich.
Alkoholfreie Ersatzprodukte
Wenn du mehr oder weniger gezielt Spirituosen durch ein ähnliches, alkoholfreies Produkt ersetzen willst, findest du inzwischen für die gängigsten Drink-Basics einfache Alternativen. Marken wie Lyre’s oder Rebels 0.0% bieten alkoholfreie Gin-, Whisky-, Rum-, Tequila- oder Wodka-Alternativen an.
Ich habe selbst je einen Lyre’s Gin, hellen und dunklen Rum und Whisky ausprobiert. Dem Original kommt meiner Meinung nach der Whisky am nächsten. Der «Gin» ist mir zu einseitig beim Wacholder und die Rums sind primär süss. Die rauchige und leicht torfige Note von manchen Scotches bringt der Whisky am besten raus. Was keines der Produkte hat, ist die leicht cremige Textur, die vor allem beim Rum charakteristisch ist.
Peter Jauch sagt, er sei kein grosser Fan der Ersatzprodukte, benennt dann aber doch einige Marken und Produkte, die er regelmässig einsetzt. «Von Rebels 0.0% gefallen mir der Amaretto und der Rosso gut. Und von Martini finde ich den «Vibrante» und den «Florale» zwei sehr interessante Produkte, die ich sehr gerne für Drinks nutze.» Generell seien Bitters und Wermut-Produkte im alkoholfreien Segment stark.

Inzwischen sind alkoholfreie Drinks auch in spezialisierten Cocktailbars eine relevante Grösse, besonders in solchen, die nicht nur Klassiker servieren, sondern ihre eigenen Kreationen auf der Karte stehen haben. Und auch für den passionierten Hausbarmixer gibt es Rezeptbücher für alkoholfreie Drinks. Etwa von Franz Brandl, dessen klassisches Rezept-Buch ich kürzlich als Weihnachtsgeschenk empfohlen habe, gibt es eine Variante ganz ohne Alkohol. Wenn du wirklich von Grund auf deine eigenen Getränke entwickeln wirst, lohnt sich auch «Der Geschmacksthesaurus» (von dem es inzwischen sogar einen zweiten Band gibt), den ich dort ebenfalls empfehle als Inspirationsquelle für funktionierende Kombinationen.
Prickelnd und schaumig
Weil ich Peter Jauch als Autoren über und Experten für Champagner kennengelernt habe, will ich von ihm natürlich auch wissen, wie es denn mit alkoholfreien Schaumwein-Ersatzprodukte aussieht. Schliesslich gehört das Anstossen spätestens zum Jahreswechsel zu den Feierlichkeiten der kommenden Woche. «Zunächst einmal gilt für Champagner, dass sich nur das alkoholhaltige Produkt als Champagner bezeichnen darf», erklärt Jauch. Und wie bei den Spirituosen ist er auch bei Schaumweinen nicht sonderlich begeistert von Produkten, die mehr oder weniger eins zu eins ein alkoholhaltiges Original nachahmen wollen. «Ich finde karbonisierte Säfte viel interessanter als entalkoholisierte Weine.» Wobei auch hier die Ausnahmen die Regel bestätigen.
Eine jüngere Entwicklung im Bereich der Schaumgetränke sind sogenannte Sparkling Teas, wie mir Peter Jauch weiter erzählt. Dabei handelt es sich, wie der Name sagt, um schaumige Getränke auf Teebasis. Geschmacklich eher bitter bis säuerlich und damit näher an einem halbtrockenen oder trockenen Schaumwein. Dazu können je nach weiteren Zutaten fruchtige oder kräuterige Noten dazu kommen. In der Produktion werden verschiedene Zutaten verschnitten, zum Teil auch fermentiert.
Die passende Begleitung zu jedem Menu
Was mich persönlich an all diesen Produkten und Ideen besonders interessiert, sind die kreativen Möglichkeiten, die sie im Bereich des Food-Pairing bieten. Etwas, das auch Peter Jauch zusammen mit Gastronomen und Köchen regelmässig macht: Dinner-Events, bei denen er eine nicht-alkoholische Getränkebegleitung zu mehrgängigen Menus zusammenstellt. Ich selbst habe schon einige Male in der gehobenen Gastronomie erlebt, dass von Köchen und Bartendern kreierte Getränke extrem interessante und passende Begleitungen zu einzelnen Gängen bilden – Tees, Kombuchas, Mocktails, Infusionen. Hier tut sich ambitionierten Hobbyköchen oder -Bartendern gerade ein enorm vielfältiges Spielfeld auf.
Alkoholfreier Genuss entwickelt sich gerade vom Trend zum ganz normalen Trinkverhalten. Längst gibt es für jede Gelegenheit leckere Getränke: Feierabendbier, Aperitif, Essen, Digestif und Neujahrs-Anstossen. Nur eines fehlt: der Kater am nächsten Morgen.
Weltenbummler, Wandersportler, Wok-Weltmeister (nicht im Eiskanal), Wortjongleur und Foto-Enthusiast.
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