Deine Daten. Deine Wahl.

Wenn du nur das Nötigste wählst, erfassen wir mit Cookies und ähnlichen Technologien Informationen zu deinem Gerät und deinem Nutzungsverhalten auf unserer Website. Diese brauchen wir, um dir bspw. ein sicheres Login und Basisfunktionen wie den Warenkorb zu ermöglichen.

Wenn du allem zustimmst, können wir diese Daten darüber hinaus nutzen, um dir personalisierte Angebote zu zeigen, unsere Webseite zu verbessern und gezielte Werbung auf unseren und anderen Webseiten oder Apps anzuzeigen. Dazu können bestimmte Daten auch an Dritte und Werbepartner weitergegeben werden.

Hintergrund

Wie sieht ein guter Kamera-Test aus?

David Lee
27/7/2021

Praxistests sind realitätsnah, aber subjektiv. Labortests sind objektiv, zielen aber oft an den wichtigen Dingen vorbei. Beide sind schwierig, korrekt durchzuführen. Ich bin deshalb vorsichtig mit absoluten Urteilen.

Wir haben kein Testlabor und daran wird sich in nächster Zeit auch nichts ändern. Meine Tests sind Alltagstests: Ich nehme die Kamera, probiere sie aus, schaue mir Menüführung, Tasten und Bedienung an, mache Fotos, schreibe meine Erfahrungen nieder. Dabei mache ich nach Möglichkeit die Art von Fotos, für welche sich die Kamera laut Hersteller besonders gut eignet.

Die andere Richtlinie: Möglichst viel zeigen und wenig behaupten. Das geht heutzutage sehr gut. An modernen Kameras kann ich beispielsweise direkt aufnehmen, was ich im Sucher sehe. Hier nehme ich mein eigenes Sucherbild auf, das auch auf dem Computer angezeigt wird 😉

Dennoch bleiben Praxistests etwas unbefriedigend. Was wir wollen, sind harte Fakten. Messreihen. Bildrauschen bei ISO 100, 200, 400, 800, bis zu 51 200 oder 102 400. Den Dynamikumfang des Sensors, eine exakte Angabe in Belichtungsstufen. Die Auslöseverzögerung des Autofokus, gemessen in Millisekunden. Wie viele Fotos der Akku hält. Wie viele Bilder pro Sekunde der Autofokus scharf stellen kann. Fakten, Fakten, Fakten!

Beispiel Bildrauschen

Aber natürlich hängt die Schärfe eines Bildes nicht nur vom ISO-Wert ab, sondern vom Objektiv, der gewählten Blende, von allfälligen kleinen Verwacklern, die auch mit Stativ passieren können und dem Fokus, der auch mal leicht daneben liegen kann.

Nach und nach entdeckte ich immer mehr Probleme, die ein solcher Test mit sich bringt.

Zu allem Übel wurde mein schönes Testplakat durch einen stetig wachsenden Berg von Kartonschachteln zugemüllt – schon damals hatte ich kein Labor, sondern musste den Posteingang des Büros dafür missbrauchen. Als sich die Schachteln nicht mal mehr vorübergehend beseitigen liessen, war meine schöne Testserie zu Ende. Rückblickend gesehen muss ich sagen: Gut so.

Einige der Probleme hätte ich durch ein besseres Test-Setup beseitigen können. Aber um die Bilder der Kameras zu vergleichen, ist vor allem eines wesentlich: Alle Bilder müssen gleich aufgenommen worden sein. Änderungen am Setup sind grundsätzlich problematisch. Agile Methoden, laufend optimieren, das funktioniert hier nicht. Alles muss von Beginn weg richtig gemacht werden.

Labortests sind oft nicht zeitgemäss

Labortests sind unflexibel. Es ist schwierig, sie richtig aufzusetzen, und wenn man es mal geschafft hat, soll es für alle Zeiten so bleiben. Das aber passt überhaupt nicht zu einer sich ständig verändernden Tech-Welt.

Heute trennt sich die Spreu vom Weizen eher beim Autofokus und bei der Videofunktion. Ich habe aber bis heute keinen Labortest gesehen, der die Autofokus-Motivverfolgung messen könnte.

Da das allgemeine Niveau von Digitalkameras seit Jahren hoch ist, beschäftigen sich die Labortests mehrheitlich mit Dingen, die im Alltag kaum eine Rolle spielen. Damit verlieren sie ihre Relevanz: Wenn ich einen Unterschied nur im Labor feststellen kann, ist er für die Praxis bedeutungslos.

Beispiel DxOMark

Falls deine Super-Duper-Kamera bei DxO schlechter abschneidet als irgend ein Billigmodell von 2017, kann ich nur sagen: Entspann dich. Es ist alles in bester Ordnung. In den hier gemessenen Punkten ist deine Kamera zwar nicht besser, aber darauf kommt es im Jahr 2021 nicht an. Freu dich am besseren Autofokus, an der besseren Videofunktion, an der höheren Geschwindigkeit, und vor allem daran, dass es die Kamera ist, die besser zu dir passt.

Testbilder ausserhalb des Labors

Noch schwieriger finde ich, ein Testszenario zu finden, um die Dynamik sichtbar zu machen. Früher war das anscheinend einfach: Einen Grauverlauf auf Papier abfotografieren und schauen, wie viele Helligkeitsstufen gleichzeitig korrekt belichtet werden können. Heutige Kameras sind dafür viel zu gut. Sie lichten alles korrekt ab, es gibt so keine Über- oder Unterbelichtung. Um das hinzubringen, muss ich direkt in eine Lichtquelle fotografieren.

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Kameras so aufzuzeigen, ist aber auch nicht so leicht. Der Glühfaden ist immer überbelichtet, auch bei den besten Geräten – und den Rest bringen die meisten Kameras souverän hin.

Selbst wenn die Helligkeit besser abgestuft wäre, gäbe es beim Fotografieren in die Lichtquelle ein grundsätzliches Problem: Die Linsenreflexion hellt die dunkelsten Stellen auf, so dass es sich wieder nicht eindeutig messen lässt.

Das alles zeigt: Auch vermeintlich simple Testaufnahmen sind knifflig. Im schlechtesten Fall zeige ich als Tester damit nicht die Schwächen einer Kamera, sondern die Schwächen des Tests.

Und nun?

Natürlich will nicht jede und jeder sich durch langwierige Erklärungen durchlesen oder gar selbst nachprüfen. Tatsächlich lesen viele ja bei Tests nur das Fazit, es interessiert sie gar nicht, wie man drauf kommt. Aber die Information sollte da sein, für die, die es interessiert.

Ich verweise auch gerne auf andere Seiten, die Labortests durchführen. Oder andere Tests, die meinen Rahmen sprengen. Aber nur in Fällen, wo ich den Test verstehe, für seriös und auch für wichtig halte. Das wär auch mein Tipp für dich: Hol dir weitere Meinungen ein. Aber check die Quelle, und lass dich nicht beeindrucken von Testdiagrammen, die du gar nicht genau verstehst.

20 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


Hintergrund

Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Hintergrund

    Warum ich in den Ferien künftig analog fotografiere

    von Samuel Buchmann

  • Hintergrund

    10 Artikel, die ich 2023 nicht geschrieben habe

    von David Lee

  • Hintergrund

    Wann ist ein Foto echt?

    von Samuel Buchmann